Freitag, 27. Februar 2015

Die Auswahl eines Hundes

Wenn Mensch sich einen vierbeinigen Gefährten aussucht, dann spielt die Optik eine große Rolle, wenn nicht sogar (leider) die einzige Rolle. Wir Menschen sind so! Wir sind eben "Augenwesen", wir scannen erst einmal optisch um uns herum alles ab, bevor wir uns auf unsere anderen Sinne einlassen. So kommt es, dass man einem Vortrag nicht mehr lauschen kann, wenn man einen optischen Reiz empfängt, meinetwegen ein Bild gezeigt und dabei direkt weitergequatscht wird.

Aber zurück zum Thema. Wir Menschen gehen also meist sehr optisch an alles heran, so auch an die Wahl eines neuen Familienmitglieds (was an sich schon mal sehr skurril klingt, wenn man mich fragt). Natürlich wollen wir nicht mit jemandem oder etwas zusammen leben, dessen äußere Optik uns so gar nicht zusagt, aber, mal Hand aufs Herz, wenn uns ein Hund charakterlich überzeugt und um die Pfote gewickelt hat, behaupten wir eh überall steif und fest, es wäre das schönste Lebewesen auf Gottes Erde. 

Leider passiert es nur allzu oft, dass ein Hund wegen seinem Erscheinungsbild an einen Menschen gerät, der absolut nicht zu ihm passt. Ich habe ein wunderbares Beispiel vor einigen Jahren miterlebt. 
Damals zog bei meinen Nachbarn ein kleines Wollknäuel ein, älteres Ehepaar (in meinen Augen!, vielleicht Mitte 50) mit kleinem Bistro und 3-Zimmer-Wohnung. Izzy (Name geändert) war ein kleines Hovawartmädchen. An sich bin ich ein Verfechter der Theorie, dass fast jeder Hund auch für die Stadt geeignet ist, solange er an die richtigen Menschen gerät (ausgenommen sind da Herdenschutzhunde). Allerdings waren dies nicht die richtigen Menschen für Izzy! 

Ihre Besitzer waren absolute Hundeanfänger, hatten Zuhause nur eine Katze. An die Hovawartzüchterin kamen sie durch einen Kunden, da sie seinen Hund so schön fanden. Nie hat dieser Mann erwähnt, was er für Probleme mit seinem Hund hatte. Dass er extrem schlecht auf andere Rüden zu sprechen war, dass er sehr wachsam und robust war und sich bei jedem Kommando erstmal überlegte, ob das auch mit seinen eigenen Plänen konform ging. 
Leider war auch die Züchterin offensichtlich nicht in der Lage die wenig geeigneten Leute abzuweisen, denn Izzy ist nun mal bei dem Paar gelandet. 
Was folgte war eine extrem miese Junghundezeit für das arme Tier, denn aus Angst, sie könne weglaufen und nicht zurück kommen, wurde der Hund 8 Monate lang!!! ausschließlich an der Leine Gassi geführt und auch nur kurze Strecken, da man kein Auto hatte und die Gelenke ja geschont werden mussten!
Zum Glück fragte das Paar irgendwann, ob ich Izzy mal auf einen meiner Spaziergänge mitnehmen konnte, denn so hatte ihr tristes Leben erst einmal ein Ende. 
In meinem Rudel war sie eine temperamentvolle, freche aber unheimlich liebenswerte Plüschkugel, die jeden Hund zum Spielen aufforderte und wenn dieser eher abgeneigt war, ihm solange auf den Geist ging, bis er sie endlich zu jagen begann. 

Bei ihren Menschen fingen derweil die Probleme an. Im Bistro musste sie im hinteren Bereich an eine Kette gelegt werden, da sie Leinen durchbiss und die Gäste vorn nicht mehr hinein lassen wollte. Aus dem süßen goldenen Plüschtier wurde schnell ein ausgewachsener Wachhund! 
Hinzu kam, dass ihr Herrchen an Depressionen litt, zeitweise im Krankenhaus in Behandlung war und ihr völlig überfordertes Frauchen sie nicht einmal an der Leine unter Kontrolle hatte. 
In dieser Zeit nahm ich sie fast täglich mit und wir hatten eine wundervolle Zeit, allerdings mochte sie abends auch nicht mehr so richtig in die Wohnung ihrer Besitzer zurückkehren und mehr und mehr wurde sie "mein" Hund. Wenn ich und ihre Besitzer gemeinsam irgendwohin gehen wollten, war es ihnen nicht möglich ihren Hund an der Leine zu halten, da diese an mir klebte und Panik hatte, dass ich ohne sie verschwinden würde. Auf ihre Besitzer hörte sie absolut gar nicht, war ich in der Nähe und so kam es schließlich dazu, dass sie nach ihrem Umzug den Kontakt zu mir völlig abbrachen, nachdem ich 3 Jahre lang mit ihrem Hund gearbeitet hatte. 

Izzy ist ein trauriges Beispiel dafür, dass Mensch sich leider viel zu oft durch optische Reize überzeugen lässt und nicht mit dem Verstand einen Hund aussucht. Ihre Besitzer fanden ihr Fell wahnsinnig schön, aber dass der Hund vielleicht unglücklich mit ihnen sein könnte, weil er nicht in ihren Lebensstil passt, kam ihnen gar nicht erst in den Sinn.
Aber ein Hund soll uns für die nächsten ca. 15 Jahre begleiten, wenn da der Charakter nicht zu unserem passt, dann geht das schief!

Also Appell an alle, vorher mehrere Züchter der Traumrasse besuchen, ihnen die eigene Persönlichkeit schildern und sich von den Rasseerfahrenen die Eigenheiten erläutern lassen.
Jemand, der gerne auf der Couch liegt und jemanden zum Streicheln sucht, wird mit einem Workoholic nicht glücklich, egal wie schön er ihn findet!!! Und jemand, der gerne joggen geht, hat keine Lust den Mops oder die Englische Bulldogge hinter sich her zuziehen, egal wie putzig er ihr knautschiges Gesicht sonst findet!

Mein Buchtipp an dieser Stelle: Katharina von der Leyen´s "Partnerhunde". In diesem Hunderassenbuch sind die Rassen nach ursprünglichem Aufgabengebiet sortiert und, was ich außerordentlich gelungen finde, in drei Typen gegliedert. Zu Beginn des Buches werden die verschiedenen Menschentypen beschrieben und wenn man sich in einer wiedergefunden hat, kann man direkt überprüfen, ob man der richtige Partner für die gewünschte Hunderasse sein könnte.
Der vollständigkeitshalber möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass Ausnahmen immer die Regel bestätigen, sodass Pauschalaussagen eher hinderlich sind, denn Hunde haben ebenso unterschiedliche Charakter wie wir auch. Diese muss man insbesondere bei Mischlingen sowieso sehr genau unter die Lupe nehmen, da es immer Überraschungspakete sind und man nie weiß, welcher Elternteil sich durchsetzen wird, falls man überhaupt die Eltern kennt.

Daher liebe Leute, gerade im Zeitalter der Onlineadoption muss man sich auf gute Vereine und Züchter verlassen können, die bei einer nicht passenden Charakterkonstellation auch mal "nein" sagen, obwohl man sich doch so sehr in die Optik verliebt hat!

So far
Nina


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